Marija Mustapic ist vermutlich eines des größten weiblichen Talente unter 35 und zählt zurecht zu den Digital Leadern in Deutschland. Ihr kennt sie nicht? Kein Problem. Dann lernt ihr sie jetzt kennen! Marija und ich kennen uns bereits seit unserer Jugend Ende der 90er. Irgendwann haben sich unsere Wege aber getrennt, bis wir uns nach über 15 Jahren zufällig Mitten in Berlin über den Weg gelaufen sind. Die Welt ist halt ein Dorf. Eigentlich ein toller Moment, um in alten Erinnerungen zu schwelgen. Doch wir beide haben schnell gemerkt, dass wir die Zukunft viel spannender finden als die Vergangenheit. Grund genug also, um mich mit ihr über Innovationen, Netzwerke, Führung, Influencer und das Silicon Valley zu unterhalten.

Stell dich doch kurz vor und erkläre den Lesern kurz, welchen Job du hast und was deine aktuelle Aufgabe ist.

Mein Name ist Marija Mustapic, ich bin Managerin für digitale Innovationen bei Schwan Cosmetics, einem Weltmarktführer in der Produktion von Make-up-Produkten. Das bedeutet, ich nutze neue Technologien, um existierende Prozesse effizienter zu gestalten oder neue Anwendungen und Geschäftsmodelle für die Beautyindustrie zu entwickeln.

Wie bist du denn zu diesem Job gekommen und was ist dein beruflicher Hintergrund? Hast du dich ganz klassisch beworben oder bist du angesprochen worden?

Ich habe Innovationsmanagement mit dem Schwerpunkt Prozessinnovation studiert. Danach habe ich erst einmal als Trainee im Bundestag und im Europäischen Parlament in den Bereichen Wirtschaft und Entwicklung gearbeitet. Anschließend habe ich in einem deutschen Familienunternehmen einen neuen Geschäftsbereich gegründet und in verschiedenen Startups als Business Developer gearbeitet. Nach einer einjährigen Weltreise wurde ich dann von einem Headhunter angesprochen und zum Gespräch eingeladen. So bin ich bei Schwan Cosmetics gelandet und habe den digitalen Innovationsstandort in Berlin gegründet.

Du hast bei Schwan Cosmetics ein Startup innerhalb der Unternehmensgruppe gegründet und sitzt als einzige Mitarbeiterin des Unternehmens in Berlin. Wie funktioniert das?

Sehr gut! Es gab natürlich sehr viel strategische Vorarbeit und Absprachen, bevor wir den Entschluss gefasst haben einen Standort für digitale Innovationen am Standort Berlin zu gründen. Die Ideen, die hier entwickelt und verprobt werden, sind von der Geschäftsführung vorab abgesegnet. Anschließend werden sie vom Mutterkonzern mit Ressourcen ausgestattet und hier in Berlin zu Piloten entwickelt. Der Satellitenstandort ist dabei ein wichtiger Punkt, denn sonst orientieren wir uns zu sehr an den etablierten Prozessen. Mittlerweile sind wir auch ein ganzes Team. Meine Kollegen arbeiten jedoch aus der Zentrale heraus in Herolsdsberg. Sie sind stärker für die Digitalisierung von internen Prozessen verantwortlich. Ich konzentriere mich in Berlin auf alternative Geschäftsmodelle, Partnerschaften und unser Netzwerk in der Startup- und Digital-Szene. Netzwerke sind in Zeiten der Digitalisierung Gold wert. In Berlin habe ich Zugang zu Gründern, Codern und mittlerweile auch vielen Industriepartnern, die ähnliche kleine Hubs gegründet haben. Denn vieles entsteht in solchen Teams mit hauptsächlich externen Akteuren.

Gehen denn alle Piloten, die du entwickelst auch an den Start?

Das wäre schön! Die Realität ist eher ernüchternd. Die „burn rate“ liegt bei deutlich über 80%. Ideen, die trotz hohem Innovationsgrad und auch Relevanz zum Kerngeschäft in Angriff genommen werden, sind in der Umsetzung meist nicht mehr so machbar. Alle Ideen gehen durch einen „Stage-Gate-Prozess“. In mehreren Schritten geht es von der Idee, zum Konzept, zum MVP (Minimal Viable Product) und dann im Bestfall in die Prototypisierung und Ausgründung. Das Protoyping ist ein gängiger Prozess in der Produktentwicklung mit mehreren Iterationsschleifen. In diesen Schritten merkt man oft, dass eine als genial empfundene Idee dann doch Käse ist. Dabei gehört Scheitern zum Alltag. Doch wir lassen uns nicht entmutigen. Unter dem Strich bleiben zahlreiche Ideen übrig, die wir sehr erfolgreich umsetzen oder bereits umgesetzt haben. Wir arbeiten außerdem an einem Venture, bei dem wir gerade die Gründung vorbereiten. Darüber darf ich im Detail noch nicht sprechen, aber ich erzähle Interessierten gerne mehr im persönlichen Gespräch! 😉 

Ist das der Blueprint für New Business Development?

Ja, es ist tatsächlich so einfach! Wir haben in Deutschland viel zu lange diese Blase der übermächtigen Digitalisierung gepflegt. Im Kern braucht es zwei Perspektiven: Einmal den Blick nach innen, bei dem ich ehrlich adressieren muss, welche Prozesse und Produkte veraltet sind und neu erfunden werden müssen. Mit dem Blick nach außen kann ich herausfinden, welche Megatrends, neue Technologien und Märkte eine Chance für das Unternehmen bedeuten. Hierbei ist es wichtig, mutig zu sein und mit einfachen Mitteln, wie Design Thinking und Rapid Prototyping, erste Testprodukte zu bauen. Was auch noch wichtig ist: Keine Agentur oder Beratungshaus kennt ein Unternehmen so gut wie die eigenen Mitarbeiter. Diese müssen mit Ressourcen und vor allem Vertrauen ausgestattet werden, um Neues auszuprobieren.

Brauchst du da eigentlich noch eine Führungskraft?

Ich brauche definitiv noch eine Führungskraft! Jedoch ist die Aufgabe meines Vorgesetzten eine andere, als wir es bisher gekannt haben. Die Hierarchie hat sich stark aufgelöst. Die Aufgabe meines Vorgesetzten besteht größtenteils darin, meine Ideen und Pläne zu „challengen“. Das heißt wir diskutieren viel darüber, welche von mir entworfenen Projekte Sinn machen und wie wir sie bestmöglich umsetzen können. Ich mache Vorschläge und mein Vorgesetzter hilft mir enorm durch seine langjährige Berufserfahrung im Technologiebereich. Seine zweite große Aufgabe besteht darin, meine Arbeit unternehmensintern zu etablieren und mich mit den notwendigen Ressourcen auszustatten. Den Rest der Zeit macht er einen extrem guten Job indem er mich regelmäßig in dem bestärkt, was ich tue und mich als Mentor motiviert, gemeinsam am Erfolg unserer Projekte zu arbeiten. Ich erlebe unsere Zusammenarbeit und seine Rolle als sehr vorbildlich.

Du bist die Erfinderin der Beautythons. Was ist das genau? Wie kann man sich diese Veranstaltungen vorstellen und was hat Schminke mit Digitalisierung zu tun?

Beautython 2018

Ich würde sogar sagen, dass Schminke das derzeit beste Beispiel für Digitalisierung ist. Die Beautyindustrie boomt. Nicht zuletzt, weil Beauty Tutorials der weltweit meistgesuchte Inhalt auf Youtube sind. Der Beruf des Influencers wurde geboren und geprägt durch Frauen, die hauptsächlich auf Instagram ihre Mode- und Beauty-Vorlieben geteilt haben und damit einen neuen Berufszweig erfunden haben. Jede nennenswerte Marke betreibt ihr Marketing mittlerweile über Instagram. Aber auch alle anderen Bereiche der heutigen Beautyindustrie sind zunehmend abhängig von digitalen Tools. Die Marke Glossier ist ein gutes Beispiel:  Glossier ist ein amerikanisches Kosmetiklabel, das 2014 von der jungen Beauty-Bloggerin Emily Weiss gegründet wurde. Sie kannte sich mit Branding, Social Media und dem Community-Denken der Millennials so gut aus, dass sie mit ihrer kleinen Marke eine Beauty-Erfolgsgeschichte geschrieben hat, die heute beispielhaft für die Strategien aufstrebender Kosmetikmarken ist. Die Gründerin hat ihre Community einfach gefragt, welche Beautyprodukte sie gerne kaufen würden. Daraufhin wurden aus den gesammelten Informationen genau diese Produkte hergestellt, die in kürzester Zeit ausverkauft waren. Das Unternehmen wächst jährlich um 600% und Investoren haben seit der Gründung 34 Millionen Dollar in Weiss’ Marke gesteckt.

Beeindruckend! Du bist ebenfalls erfolgreich und warst in diesem Jahr nominiert für den Digital Leadership Award. Im letzten Jahr außerdem schon für die Digital Female Leader Awards. Was macht dich und deine Arbeit so besonders?

Meine Arbeit ist meine Leidenschaft und Hobby zugleich. Was mich von anderen unterscheidet ist, dass mein Profil keine typische Kombination darstellt. Ich habe ich eine fundierte Ausbildung in der Prozessoptimierung, mehrjährige Erfahrung als Managerin von eigenen Unternehmensbereichen, eine lebenslängliche Liebe für Beautyprodukte und einen unstillbaren Wissensdurst für neue Technologien. Um meine Neugier zu stillen, fliege ich sogar um die ganze Welt.

Ich habe kürzlich in deinem Instagram-Kanal verfolgt, dass du erneut im Silicon Valley warst. Urlaub oder Business Trip?

Beides! Ich habe Freunde besucht, die sich ein Leben in den USA aufgebaut haben. Aber ich war hauptsächlich wieder auf der Suche nach neuen Startups, um mein Netzwerk zu erweitern. Zudem habe ich auch an einer ziemlich coolen Weiterbildung an der Singularity University teilgenommen. Diese mehrtägige Ausbildung findet auf dem Gelände der NASA statt. Das war schon eine unglaubliche Erfahrung ist. Bei diesem „Exponential Innovation Program“ erklären führende Wissenschaftler und Technologen, vor welchen Herausforderungen die gesamte Menschheit steht und an welchen Lösungen gearbeitet wird. Neben interessanten Persönlichkeiten, die z.B. an der Gründung von Apple oder Microsoft mitgewirkt haben, hab ich vor allem Menschen getroffen, die aus den verschiedensten Ecken der Welt kommen und mehr oder weniger denselben Job haben wie ich. Lustigerweise kam es mir dort so vor, als hätten wir weltweit alle sehr ähnliche Herausforderungen zu bewältigen.

Mit welchen Eindrücken und Erkenntnissen bist du zurück nach Hause gekommen?

Für mich war die wichtigste Erkenntnis, dass wir in einer Zeit leben, in der uns noch nie da gewesenes begegnet und absolut neues und umfängliches Wissen zur Verfügung steht. Eine riesige Chance für alle! Nach diesen drei Tagen kamen mir meine eigenen Herausforderungen aber dann doch sehr klein und lösbar vor. Ich finde Weiterbildungen extrem wichtig. Es muss aber nicht immer das High-End-Managerprogramm sein. Es reicht oft schon, wenn man sich selbst hin und wieder aus seinem Trott reißt. Ein Besuch im Museum, ein Kochkurs – egal was – irgendeine Sache, die man noch nie vorher gemacht hat und vor allem etwas, das nichts mit dem eigenen Job zu tun hat. So etwas zu erleben, erweitert unsere Vorstellungskraft. Ich höre beispielsweise grade ein tolles Buch – Breaking the habit of being yourself von Dr. Joe Dispenza. Super spannende Erkenntnisse darüber, wie wir unsere eigenen Gewohnheiten durchbrechen und neue Denkmuster entwickeln können.

Alle Welt redet von diesem digitalen Mindset. Was bedeutet das genau für dich?

Ein digitales Mindset bedeutet für mich im Kern die Offenheit neues zu lernen und  den Mut, altes loszulassen.

Liebe Marija, ich danke dir für das spannende Interview und bin gespannt, wie deine Story weitergeht. 

Kommentar verfassen