8 Erfolgsfaktoren für das Employer Branding im Mittelstand

Wie Hidden Champions dem Fachkräftemangel entgegenwirken

Es ist ein typisch deutsches Phänomen: Unternehmen, die teilweise Weltmarktführer in ihrer Branche sind und als Arbeitgeber dennoch völlig unbekannt. Viele von ihnen kämpfen aber nicht nur mit der geringen Bekanntheit. Häufig leiden diese Unternehmen auch unter dem Fachkräftemangel, weil sie beispielsweise nach absoluten Spezialisten in Engpassberufen suchen oder oft auch an weniger attraktiven Standorten niedergelassen sind. Ein Lösungansatz, der dem entgegenwirken soll, ist seit vielen Jahren das Employer Branding. Doch ist das Employer Branding mittlerweile eigentlich im Mittelstand angekommen oder nicht? Und welche Faktoren machen Employer Branding im Mittelstand erst so richtig erfolgreich?

Der Mittelstand in Zahlen

Natürlich ist nicht gleich jeder Mittelständler auch Weltmarktführer. Basierend auf den Zahlen des Statistischen Bundesamts, die durch das IfM aufbereitet wurden, existierten im Jahr 2018 rund 3,47 Millionen KMU, was 99,5 % aller Unternehmen mit Umsatz aus Lieferungen und Leistungen in Deutschland entspricht. Diese Unternehmen erzielten zusammen einen Jahresumsatz von knapp 2,4 Billionen Euro, was 34,4 % des gesamten erzielten Umsatzes in Deutschland darstellt. 17,77 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte waren im Jahr 2018 bei KMU angestellt, was 57,6 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entspricht. Im Hinblick auf die Ausbildung junger Menschen fanden sich 81,7 % aller Auszubildenden in Betrieben mit weniger als 500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wieder. Und auch beim Thema Innovation spielen KMU eine wichtige Rolle: Mit 10,4 Milliarden Euro hatten diese einen Anteil von 11,2 % an den gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen.

Aktuelle Studie zum Employer Branding im Mittelstand

Marcus Merheim

Welchen Stellenwert das Employer Branding im Mittelstand hat, dazu hat Marcus Merheim, Senior Marketing Manager bei XING E-Recruiting, gerade eine umfassende Studie veröffentlicht. Die Studie untersucht den aktuellen Status quo und versucht die Frage zu beantworten, welche Faktoren für das Employer Branding besonders wichtig sind, damit mittelständische Unternehmen auch in Zukunft noch erfolgreich sein werden. Dazu wurden relevante Aspekte mit der Unterstützung von Vordenkern, Praktikern und der Wissenschaft eingegrenzt und durch die Teilnahme von über 600 kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in der Regel 10 bis 499 Mitarbeiter beschäftigen, in der Praxis verprobt. Im Ergebnis liefert die Studie dadurch greifbare Erkenntnisse, da sie einen Querschnitt des deutschen Mittelstands widerspiegelt. Insgesamt ist auf jeden Fall deutlich zu erkennen, dass das Thema längst im Mittelstand angekommen ist und einen hohen Stellenwert genießt.

Wie wird Erfolg im Employer Branding bewertet?

Das Employer Branding umfasst im wesentlichen zwei ganze zentrale Funktionen: Personalgewinnung und Mitarbeiterbindung. Wer es schafft, seine Mitarbeiter auf Dauer ans Unternehmen zu binden, muss natürlich weniger Mühe hineinstecken neue Mitarbeiter zu finden. Erfolgreiches Employer Branding fängt daher immer von innen heraus an. Mitarbeiter, die mit ihrem Job und ihrem Arbeitgeber zufrieden sind, verlassen das Unternehmen natürlich wesentlich seltener und sind zudem noch deutlich produktiver. Erfolg im Employer Branding wird daher vor allem durch Betriebszugehörigkeit, Fluktuation- oder Produktivitätsraten ausgedrückt. Für die Personalgewinnung kann Erfolg daher dadurch definiert werden, dass ein Unternehmen, das Employer Branding betreibt und für sich als attraktiver Arbeitgeber wirbt für seine Stellenausschreibungen quantitativ und/oder qualitativ mehr Bewerbungen erhält. Doch auch die Follower- und Engagementzahlen in Social Media, die Zahl der Intitiativbewerbungen oder die Anmeldungem zum Job-Newsletter sind ausgezeichnete Indikitatoren, um Erfolg im Employer Branding zu bewerten.

Die Vorstudie hatte ergeben, dass bei KMU eher der Aspekt Mitarbeitergewinnung beim Employer Branding im Vordergrund steht. Entsprechend befasste sich ein Analysebereich intensiv mit diesem Aspekt. Dabei wurden acht Erfolgsfaktoren hervorgebracht, wie mittelständische Unternehmen durch gutes Employer Branding sowohl mehr als auch qualitativ hochwertigere (sprich: passendere) Bewerbungen erhält.

Erfolgsfaktor 1: Employer Branding-Strategie

Hast du in deinem Unternehmen schon eine Strategie für das Employer Branding? Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, die eine Employer Branding-Strategie besitzen oder verfolgen, auch mehr Bewerbungen erhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es automatisch gleichzeitig auch bessere Bewerbungen erhält. Einfach nur mehr Bewerbungen zu erhalten, kann durchaus am Ziel vorbei gehen, wenn die gewünschten Stellen weiterhin nicht oder nur schwer besetzt werden können. Daher sollte eine Strategie so ausgerichtet sein, dass sie auch die Qualität der Bewerbungen erhöht. Erschreckend ist allerdings, dass es eine Vielzahl von Unternehmen gibt, die nach wie vor keine Employer Branding-Strategie entwickelt haben. Vermutlich sind das die ersten, die bei den vermeintlich einfach zu besetzenden Stellen „Fachkräftemangel“ schreien.

Erfolgsfaktor 2: Hoher Stellenwert von Employer Branding

Das bringt mich natürlich direkt zu dem nächsten Erfolgsfaktor – dem Stellenwert des Employer Branding im Unternehmen. Und hier trennt sich schon die Spreu vom Weizen. Denn besitzt das Thema Employer Branding einen hohen Stellenwert im Unternehmen, so sind sowohl Qualität wie auch Quantität der Bewerbungen signifikant höher. Besonders der Qualitätsaspekt kann für viele Recruiting-Teams von entscheidendem Vorteil sein. Im Umkehrschluss bedeutet das folgendes: Unternehmen, bei denen Employer Branding keinen hohen Stellenwert hat, haben das Nachsehen und müssen sich mit dem zufrieden geben, was übrig bleibt oder sie gehen gar ganz leer aus.

Erfolgsfaktor 3: Einfluss der Kommunikationsabteilung

Employer Branding ist Teamsport. Das bedeutet, das Employer Branding nicht nur alleine durch HR auf die Beine gestellt und betrieben wird. Meistens passiert es vor allem im Zusammenspiel mit der Kommunikationsabteilung, die in der Regel sowohl interne Kommunikation als auch die Kommunikation auf der eigenen Homepage oder in der sozialen Medien verantwortet. Die Studie zeigt, dass Unternehmens insgesamt erfolgreicher sind, wenn die Kommunikationsabteilung eingebunden ist und ihre Kompetenz in die Kommunikation der Arbeitgebermarke einbringen kann.

Kommunikation der Arbeitgebermarke und Konzeption derselben sind an dieser Stelle allerdings getrennt zu betrachten. Hier liefert die Studie zusätzliche Erkenntnisse, dass es bei der Konzeption der Arbeitgebermarke bei einem zu starken Einfluss der Kommunikationsabteilung passieren kann, dass alle Ecken und Kanten so stark weggeschliffen werden, dass dadurch keine differenzierende Arbeitgebermarke mehr entstehen kann. Doch wer will schon einer von vielen sein? Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass der größte Erfolg immer dann entsteht, wenn HR und Kommunikationsabteilung Hand in Hand agieren. 🧑‍🤝‍🧑

Erfolgsfaktor 4: Besondere Unternehmenskultur

Viele KMU wissen gar nicht, wie besonders und außergewöhnlich ihre eigene Kultur ist – da herrscht oft falsche Bescheidenheit. Doch sie müssen sich eigentlich gar nicht verstecken, denn sie können ihre besondere Kultur als entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber größeren Unternehmen einsetzen. Wettbewerbsvorteile, die durch Automatisierung, Produktivitätsverbesserungen oder Produktinnovationen zu Stande kommen, können von Konkurrenten in der Regel schnell wettgemacht werden – nicht so Vorteile, die durch die Unternehmenskultur entstehen. Das zeigt sich auch in der Qualität der Bewerbungen. Unternehmen mit einer von sich selbst als besonders empfundenen Unternehmenskultur erhalten in der Regel mehr qualitativ hochwertige Bewerbungen.

Damit mittelständische Unternehmen aber von dieser Erkenntnis profitieren können, müssen sie sich im Klaren darüber sein, für welche Werte sie überhaupt stehen und worin sie sich gegenüber ihren Wettbewerbern unterscheiden. Das hört sich im ersten Moment trivial an, doch können viele Unternehmen ihre Unternehmenskultur nicht nach außen kommunizieren, weil sie ihre Werte vorab nicht klar definiert haben. Wer sich das selbst nicht zutraut, sollte darüber nachdenken fremde Hilfe in Form von Agenturen oder Beratungen in Anspruch zu nehmen.

Erfolgsfaktor 5: Konzeption durch externe Agentur

Nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten, eigene Employer Branding Experten zu beschäftigen, die gleichzeitig auch noch die gesamte Klaviatur des Employer Branding von Strategieerstellung über Konzeption bis hin zu Gestaltung, Operationalisierung und Monitoring bedienen können. Die Entwicklung einer neuen Arbeitgebermarke samt Employer Value Proposition steht selbst bei Unternehmen mit eigenen Employer Branding Managern nicht unbedingt jährlich auf der Tagesordnung. Daher empfiehlt es sich, für die unterschiedlichen Fragestellungen auf externe Agenturen zurückzugreifen, die jene Kompetenzen ergänzen, die im Unternehmen nicht ohne weiteres verfügbar sind.

Die Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, dass Bewerbungen tendenziell von besserer Qualität sind, wenn die Konzeption der Arbeitgebermarke von einer externen (Employer Branding-) Agentur durchgeführt bzw. begleitet wird. Aber, Vorsicht! Nicht jede Agentur, die sich Employer Branding auf die Fahne schreibt, passt auch gleich zu euren Bedürfnissen und Anforderungen. Es gibt Agenturen und Beratungen, die sich auf das Thema konzentriert haben, und unfassbares Know-how in diesem Bereich und extrem viel Kreativität mitbringen. Auf der anderen Seite gibt es ebenso Agenturen, bei denen Employer Branding als Abfallprodukt ihres Kerngeschäfts entstanden ist. Es lohnt sich daher vorab immer im eigenen Netzwerk nach guten Erfahrungen zu fragen.

Erfolgsfaktor 6: Bewusstsein für Employer Branding

Mitarbeiter und Kandidaten reden (positiv wie negativ) über Arbeitgeber im Netz – ob sie wollen oder nicht. Daraus ergeben sich nun zwei Möglichkeiten: Entweder ich überlasse meine Reputation als Arbeitgeber dem Zufall oder ich betreibe aktiv Employer Branding. Letzteres zeigt auf jeden Fall, dass im Unternehmen ein starkes Bewusstsein für die Relevanz von Employer Branding herrscht. Das führt wiederum zu signifikant mehr Bewerbungen. Das Bewusstsein für die Arbeitgebermarke umfasst jedoch nicht nur die Ebene der Geschäftsführung, sondern alle Mitarbeiter im Unternehmen, die die Arbeitgebermarke glaubhaft nach außen transportieren.

Erfolgsfaktor 7: Allokiertes Budget

Ich wage mal eine steile These: Wer kein Budget hat, der kann im Unternehmen auch nichts bewegen. So bitter das auch klingen mag. Ich glaube, dass dies in vielen Unternehmen leider die Realität abbildet. Natürlich kann man auch mit wenig Budget kreativ sein und wirkungsvolle Maßnahmen auf den Weg bringen, aber es ist ungleich schwerer und im Zweifel auch nur bis zu einem bestimmten Grad bzw. bei einem niedrigen Recruitingvolumen möglich, mit sehr wenig Geld auszukommen. Aber jetzt mal ehrlich: Wie soll denn eine solide Marketingplanung aussehen, wenn ich nicht weiß, wieviel Budget ich zur Verfügung habe.

„Wer kein Budget hat, der kann im Unternehmen auch nichts bewegen.“

Die Studie kommt hier zu einer ähnlichen Einschätzung. Steht den Verantwortlichen in einem Unternehmen ein bereits vorab allokiertes Budget für Employer Branding zur Verfügung, so sind die Maßnahmen insgesamt auch signifikant erfolgreicher. Dies belegt die Wichtigkeit von mittel- und langfristiger Planung und entsprechender Bereitstellung finanzieller Ressourcen. Also liebe Personaler: Falls ihr bisher noch nicht bei den jährlichen Budgetrunden mitwirkt, reserviert euch doch schon einmal den Platz für das nächste Jahr!

Erfolgsfaktor 8: Regelmäßiger Austausch

Noch einmal zum Mitschreiben: Employer Branding ist Teamsport. Und wann sind Teams erfolgreich? Wenn alle an einem Strang ziehen! Und mit alle sind wirklich alle gemeint: HR, Geschäftsführung, PR, Marketing, Kommunikation, Betriebsrat, usw. Schaffen es Unternehmen, einen regelmäßigen, abteilungsübergreifenden Austausch zu Employer Branding zu etablieren, dann führt dies zu signifikant mehr Bewerbungen. Nur wenn sowohl Konzeption, durchzuführende Maßnahmen und auch die Kommunikation über Abteilungsgrenzen hinweg koordiniert und transparent abgebildet werden, kann Employer Branding auch seine ganze Kraft entfalten.

Wer noch mehr Insights aus der Studie haben und mehr über das Forschungsprojekt erfahren möchte, spricht gerne direkt Marcus Merheim an. Er freut sich über jeden Austausch zu dem Thema.

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