„Startup-Gründer:in zu sein kann manchmal richtig, richtig hart sein“ – Auf ein Wort mit Benjamin Visser von allygatr

Im September letzten Jahres ist mein heutiger Gesprächspartner Benjamin Visser auf mich zugekommen und hat mir erstmals von seinem Vorhaben erzählt. Als Kapitalgeber unterstützt er junge, aufstrebende HR Tech-Startups dabei, zu wachsen. Dummerweise ist seine Anfrage, ob ich nicht als Investor mit einsteigen wolle, in meinem LinkedIn-Postfach durchgerutscht, so dass ich mich zunächst nicht weiter damit beschäftigt habe. Doch wie der Zufall so wollte, bin ich zum Jahreswechsel erneut über seine Nachricht gestolpert, so dass wir unser Gespräch wieder aufnehmen konnten. Seitdem ist viel passiert. Nicht nur, dass ich seit der letzten Finanzierungsrunde zum Kreise der Investor:innen gehöre, sondern mittlerweile hält allygatr auch mehr als doppelt so viele Beteiligungen, die nahezu die gesamte HR Wertschöpfungskette abdecken. Deswegen habe ich ihn sowie eine Auswahl von Startup-Gründer:innen von allygatr zu einer kleinen Interview-Serie in meinem Blog eingeladen, die mit diesem Artikel beginnt und sich in den nächsten Wochen jeden Montag fortsetzt.

Hallo, Ben! Schön, dass du die Zeit für dieses Interview gefunden hast. Stelle dich doch kurz den Leser:innen vor und sag uns, was du beruflich so machst.

Hey, ich bin Benjamin Visser, Founder und CEO von allygatr, dem größten operativen Venture Capitalist für HR Tech im deutschsprachigen Raum. Wir investieren in Early Stage Startups und unterstützen sie operativ in ihrem Aufbau. 

Wie bist du auf die Idee gekommen ein VC zu gründen? Bist du in einen Topf voll Gold gefallen? Und was hat es eigentlich mit dem Namen allygatr auf sich? 

Benjamin Visser (allygator)

Die Idee, einen VC zu gründen, entstand aus meiner Leidenschaft für die HR-Branche und jahrzehntelanger Erfahrung im Recruiting. Nachdem ich Searchtalent erfolgreich aufgebaut habe, erkannte ich das enorme Potenzial und die Kraft in der HR Tech-Branche. Einen Topf voller Gold hatte ich zu Beginn (leider) nicht. Im Gegenteil: Die erste Zeit habe ich zu 100 Prozent bootstrapped das gemacht, was dann allygatr wurde. Finanziert haben wir uns damals aus den Gewinnen, welche wir mit Searchtalent erzielt haben. Bei allygatr, übrigens aus „ally“ (Verbündeter) und „gator“ (Alligator), was symbolisch für unsere Unterstützung und Stärke steht, arbeiten wir eng mit den Gründer:innen zusammen – helfen ihnen mit unserem Wissen, unseren Kontakten und natürlich unserem Team, sie bei der Umsetzung ihrer Idee erfolgreich im Markt zu etablieren. Auch unsere Investor:innen sind immer bereit, mit Rat, Tat und Kontakten zu unterstützen. Dieses einmalige Miteinander nennen wir übrigens die “allyance“.  Gemeinsam schaffen wir eine Win-Win-Situation, in der Startups von unserer Expertise und finanziellen Ressourcen profitieren und Investor:innen von vielversprechenden Wachstumschancen in der HR Tech-Branche profitieren können.  

Euer Fokus liegt also ganz klar bei HR Tech. Aber woher nehmt ihr eure Expertise in diesem Bereich?

Durch die Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren sammeln konnte und das Netzwerk, das ich in der Branche aufgebaut habe, konnte ich ein fundiertes Verständnis für die Herausforderungen und Chancen in der HR Tech-Welt entwickeln. Zudem haben wir bei allygatr eine besondere Struktur: Wir haben intern ein Team von Expert:innen, die ihre Kenntnisse und Fachkompetenz aus der HR (Tech)-Welt mit einbringen (u. a. von Michael Page, New Work SE, Talentwunder, Henkel & Co.), als auch extern eine große Anzahl von CHROs, die bei uns investiert sind, um unsere Portfolio-Startups optimal zu unterstützen. 

Wie viele Startups gehören mittlerweile zu eurem Portfolio und wonach wählt ihr eure Investments aus? Geht es für euch immer nach Schema F mit festen Kriterien oder sind die Investments eher eine Frage von Gelegenheiten? 

Mittlerweile sind wir in 22 Startups investiert. Bei der Auswahl unserer Investments haben wir klare Kriterien, die wir berücksichtigen. Wir suchen nach vielversprechenden jungen Startups oder auch “nur Ideen”, die innovative Lösungen im HR Tech-Bereich bieten und ein starkes Gründerteam haben. Wir schätzen auch das Marktpotenzial, die Skalierbarkeit und die Alleinstellungsmerkmale der Produkte oder Dienstleistungen. Obwohl wir klare Kriterien haben, sind wir auch offen für Gelegenheiten, die uns überzeugen und die vielversprechend sind. 

Wie sieht für dich ein perfekter Pitch aus? 

Durch Klarheit, Präzision und Begeisterung. Die Gründer:innen sollten ihre Vision und ihre Produkte/Dienstleistungen klar vermitteln können. Es ist wichtig, dass sie das Problem beschreiben, das sie lösen wollen, und wie ihre Lösung einzigartig ist. Daten und Zahlen, die das Marktpotenzial untermauern, sind ebenfalls entscheidend. Das Gründerteam sollte wissen, warum sie zu uns kommen wollen, und zeigen, dass sie die Fähigkeit haben, das Unternehmen erfolgreich zu führen. Wichtig ist dabei auch die mentale Stärke: Startup-Gründer:in zu sein kann manchmal richtig, richtig hart sein. Sich immer wieder (auch selber) zu motivieren und aus Tiefen wieder hervorzukommen, ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten Eigenschaften. Gut, dass wir mit recunited.de zufällig eine Lösung haben, um Werte und Persönlichkeitseigenschaften herauszufinden. Wir investieren dabei immer so früh wie es geht (teilweise auch nur in erste Ideen auf dem Papier), da wir festgestellt haben, dort den größten Mehrwert (Market Proof) zu bieten.  

 Mit welcher Unterstützung können junge Startups rechnen, die sich für euch entscheiden? 

Wir unterstützen Startups, die sich für allygatr entscheiden, operativ in allen Belangen. Wir bringen nicht nur finanzielle Mittel ein, sondern auch unsere Expertise und Erfahrung im HR Tech-Bereich, Sales, Finance, PR und Marketing und beim Aufbau ihres Unternehmens. Wir verstehen uns als Partner und Verbündete, die den Startups helfen, ihre Ziele zu erreichen und zu wachsen. 

Welche drei Startups aus eurem Portfolio sind besonders erfolgreich und was waren die Erfolgsfaktoren dafür? 

Das ist natürlich bei 22 Ventures schwer zu beantworten, da wir viele tolle Ventures haben. Ich nenne daher einmal die, welche in den letzten Tagen besonders positiv aufgefallen sind. 

heynanny (früher: heynannyly), die in ihrer letzten Seed Runde Investitionen von 1,6 Mio Euro abgeschlossen haben und nun expandieren werden. Ihr starker Markenauftritt, aber auch der Need auf dem Markt nach moderner Organisation von Kinderbetreuung sowie “elderly care” sorgen dafür, dass dieses Startup wirklich rasant wächst. 

wondder.io, die mit ihrer Technologie VR Leadership Trainings anbieten. Mit ihrer einzigartigen VR- und AI Lösung revolutionieren sie den Markt der Weiterbildungen. Ihr Erfolg zeigt sich bereit in zahlreichen namhaften Kunden, national wie international. Wirklich ein geniales Produkt. 

Board Owl: Das Schweizer Startup ist eine digitale Matching-Plattform und Community für Entscheidungsträger. Board Owl bringt bemerkenswerte Menschen mit außergewöhnlichen Organisationen für Board & Advisory Positionen zusammen. Nach Erfolgen in Asien und Europa startet Board Owl mit unserer Unterstützung auch erfolgreich in Deutschland, worauf wir sehr stolz sind.‍ Richtig stark ist, dass seit kurzem auch die London Stock Exchange mit Board Owl kooperiert. 

Wie bewertest du aktuell den Markt für HR Tech? Entstehen da draußen gerade eine Menge neuer Startups, die einzigartige Lösungen rund um People & Culture auf den Markt bringen oder stehen die Zeichen eher auf Konsolidierung? 

Der HR Tech-Markt ist nach wie vor sehr dynamisch und innovativ. Es entstehen ständig neue Startups mit einzigartigen Ideen rund um People & Culture, da die Nachfrage nach modernen HR-Lösungen kontinuierlich steigt. Einige der erfolgreichen Startups wachsen und etablieren sich am Markt. Diese Entwicklung ist normal und hemmt frische Gründer:innen jedoch nicht, ihre Lösungen anbieten zu wollen. Die Branche steht nie still. 

Und wie bewertest du den HR Tech Markt in Deutschland im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn oder gar im Vergleich zu den Vereinigten Staaten? 

Deutschland hat eine blühende Startup-Szene und der Markt wächst stetig. In anderen europäischen Ländern sehen wir hier eine ähnliche Dynamik und Innovationskraft. Allerdings hinkt Deutschland den USA noch etwas hinterher. Im Frühjahr war ich Teil der UNLEASH America Jury in Las Vegas und habe die Erfahrung persönlich gemacht. Die Vereinigten Staaten haben einen deutlich größeren Markt und sind Vorreiter in der Einführung neuer HR-Technologien. Dennoch sehen wir auch hier in Deutschland großes Potenzial und viele vielversprechende Startups. 

Wie sehen die Pläne für allygatr in den nächsten 1 bis 3 Jahren aus? Wohin wollt ihr euch selbst entwickeln? 

Unsere Pläne für die nächsten Jahre sind es, unser Portfolio weiter zu stärken und weitere erfolgreiche Partnerschaften mit vielversprechenden HR Tech-Startups einzugehen. Wir wollen unser Netzwerk erweitern und uns weiter als führender operativer Venture Capitalist in der HR Branche etablieren. Mir ist es besonders wichtig, Diversität und Innovation zu fördern – diesen Kurs werden wir einschlagen. 

Lieber Ben, vielen Dank für die spannenden Einblicke. Ich hoffe, wir werden auch in Zukunft noch viel von dir und allygatr hören!

+++Dieser Beitrag gefällt dir? Dann melde dich jetzt für den Newsletter an. Hier geht es zur Anmeldung!+++

Entdecke mehr von HR4Good

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner