Bewerbermanagementsystem im Praxistest: rexx Recruitment

In meinen Vorträgen, Workshops und Seminaren werde ich immer wieder gefragt, welche Tools ich im Recruiting nutze oder genutzt habe. Dabei kann ich gar nicht DIE eine Antwort geben, da die Tool-Landschaft, die ich im Recruiting, Personalmarketing und Employer Branding verwende, extrem vielfältig ist.

Je nach Reifegrad der Organisation bieten sich nämlich Business-Intelligence-Lösungen, Social-Media-Suites, Webanalyse-, SEO-, Multiposting-, Assessment- oder Onboarding-Tools oder gar ganze HR-Komplettlösungen an. Der Klassiker unter den Tools im Recruiting ist und bleibt aber das Bewerbermanagementsystem – oder auch Applicant Tracking System (ATS) genannt.

In meinen bisherigen Rollen als Verantwortlicher für das Recruiting in Organisationen habe ich dabei in den letzten Jahren jede Menge solcher Lösungen ausgewählt, implementiert, verwaltet, angewendet oder im Zweifel auch abgelöst. Darüber hinaus beschäftige ich mich regelmäßig mit unterschiedlichsten Anbietern, die am Markt präsent sind. Eine der Lösungen, die ich mir in den letzten Wochen etwas genauer angeschaut habe, ist rexx Recruitment. Gerne teile ich meinen subjektiven Eindruck mit euch in der folgenden Rezension.

Wer ist der Anbieter rexx systems?

rexx systems ist eine All-in-One Lösung für das Personalmanagement. Die Software deckt dabei das Spektrum vom klassischen Personalmanagement über das Recruiting und Onboarding bis hin zum Skillmanagement und der Nachfolgeplanung ab und wird modular als Suite-Lösung angeboten. So können einzelne Bestandteile gezielt und nach Bedarf miteinander kombiniert und verknüpft werden, so dass der Workflow für Unternehmen vereinfacht werden soll. rexx systems ist eines der ersten Unternehmen, die seit den 00er Jahren Bewerbermanagementsysteme in Deutschland angeboten und implementiert haben und sich seitdem vor allem im deutschsprachigen Raum als einen der wesentlichen Anbieter im Markt etablieren konnten.

Benutzerfreundlichkeit

Die Software wird komfortabel über den Browser aufgerufen und ist durchgängig mobil-optimiert. Die Startseite nach dem Login umfasst ein zentrales Dashboard, dass mithilfe von Widgets individuell angepasst und konfiguriert werden kann. Das hilft User:innen auf jeden Fall einen guten Überblick über bestimmte Prozessfortschritte, To-Do’s oder Kennzahlen zu erhalten.

rexx unterscheidet hier in allgemeine Widgets und spezielle Recruitingwidgets, die durch Nutzer:innen selbst hinzugefügt werden können und teilweise direkt in die Abfrage führen, um eine detailliertere Analyse vorzunehmen. Sowohl die Widgets als auch die entsprechenden Analysen sind allerdings nicht immer wirklich selbsterklärend.

Zusätzlich zu dem Dashboard auf der Startseite wird den Nutzer:innen noch ein Top-Level Menü angeboten, dass sich je nach Funktionsumfang oder Prozess anpasst.

Hinzufügen von individuellen Widgets im Dashboard

Die Benutzeroberfläche von rexx kommt vom Design her weniger modern daher und wirkt sehr technokratisch und etwas in die Jahre gekommen. Wenige grafische Elemente, dafür viel Text. Das nimmt einem ein wenig die Lust und Neugier, sich durch das System zu klicken und weitere Teile zu entdecken. Schließlich isst das Auge ja bekanntlich mit.

Nahezu alle Datenbankfelder lassen sich aber verändern oder im Zweifel neu anlegen, um alle möglichen Eigenheiten eines Unternehmens abzubilden. Ehrlich gesagt verkomplizieren zu viele Konfigurationsmöglichkeiten aber häufig den Prozess intern, da man sich bei der Implementierung an Dingen aufhängt, die vermeintlich irrelevant sein sollten.

Die teils verwendete Sprache im System ist so ein Punkt. Das verwendete Vokabular, dass standardmäßig mitgeliefert wird, klingt wenig einladend, zu formell und untypisch für die Zielgruppe. So ist von einem „Schreibauftrag“ die Rede statt einer E-Mail, „Publizierungsziel“ statt Kanal oder „Zustellungen“ für Bewerbungen, die in Beurteilung und an den Fachbereich weitergeleitet wurden. Natürlich lässt sich das ganze auch anpassen und verändern. Das hemmt allerdings die Geschwindigkeit bei der Implementierung, weil jedes Datenbankfeld noch einmal überprüft werden müsste.

Übersicht aller offenen Stellen in der Vakanzliste

Sowohl die Übersicht der Vakanzen als auch die der Bewerber:innen werden typischerweise in Listenform dargestellt. Alle Listen sind konfigurierbar, allerdings für Enduser:innen etwas umständlich und unübersichtlich. Man merkt hier erneut, dass die Konfiguration weniger aus Sicht der Nutzer:innen programmiert wurde, sondern eher aus der Perspektive eine:r Datenbankspezialist:in. Gleiches gilt übrigens für die eigentliche Bewerbung, die ebenfalls eher nüchtern dargestellt wird.

Alles in allem findet man das Nötigste relativ schnell und kommt auch an sein Ziel, eine neue Stelle anzulegen und auszuschreiben, Bewerbungen zu sichten und zu bewerten und die Performance der jeweiligen Stellenbesetzungen zu überprüfen. Das User Interface ist aber weniger sexy und teilweise unnötig kompliziert in der Konfiguration. Das lösen andere Tools teils deutlich attraktiver.

Bewertung:

Bewertung: 3 von 5.

Funktionsumfang

Der Featureliste des Bewerbermanagementsystems von rexx ist extrem lang und bringt so ziemlich alles mit, was ein erwachsenes ATS mitbringen muss. Hier merkt man relativ schnell, dass das Unternehmen über die Jahre umfassende und weitreichende Kenntnisse darüber gewonnen hat, welche unterschiedlichen Bedürfnisse Unternehmen in Sachen Recruiting haben und wie individuell diese teilweise gestaltet und abgebildet werden müssen.

Zu den Basisfunktionen gehören alle wesentlichen Funktionen, die man auch anderswo findet, um neue Stellen anzulegen und auszuschreiben und Bewerbungen zu empfangen, zu sichten und selektieren und an Fachbereiche weiterzugeben. Darüber hinaus verfügt das System standardmäßig über ein Data Warehouse für Statistiken, Berichte und Diagramme.

Quasi jedes Formular, jede Liste oder Workflows können im System individuell angepasst werden. Das ist grundsätzlich sehr positiv zu bewerten, weil das den Spielraum für Arbeitgeber erhöht. Allerdings macht es das ganze System natürlich deutlich komplexer und weniger intuitiv. Manchen Unternehmen täte es nämlich gut, wenn sie sich weniger um die Individualisierung kümmern, indem sie sich z.B. an einzelnen Wörtern in der Lösung abarbeiten und sich vielmehr darauf konzentrieren, ihre Prozesse kandidatenfreundlicher zu gestalten.

Ein detailliertes Rechtemanagement ist natürlich ebenso vorhanden. Individuelle Rollen können allerdings nicht auf Personenebene angepasst werden, sondern bedingen eine komplett neue Rolle, die extra angelegt werden muss. Das ist aus Administratorensicht wenig komfortabel und führt dazu, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Andere Systeme lösen das wesentlich komfortabler, in dem einzelne Funktionen und Rechte individuell adaptiert und angepasst werden können.

Für das Aufsetzen der Karriereseite werden drei verschiedene Optionen geboten: die Standalone-Lösung als eigenständige Webseite, eine Proxy-Integration oder eine XML-Schnittstelle. Optional hinzugebucht werden können außerdem Features wie das Talent Relationship Management, ein Zugang für Personalberatungen, WhatsApp-Bewerbungen, ein Empfehlungsmanagement, die Einbindung von DocuSign für digitale Vertragsunterzeichnungen, Multiposting und vieles mehr.

Was dem Tool allerdings fehlt ist eine echte Anschlussfähigkeit von Drittsystemen über einen Marktplatz oder ein offenes Schnittstellenmanagement. rexx ist als geschlossene Lösung angelegt, bei der nur vergleichsweise wenig und zumeist ausgewählte Drittanbieter integriert sind. Manchmal macht es aber eben doch Sinn, Lösungen zu hinzuzufügen, die deutlich spezialisierter sind oder einen Prozess im Unternehmen besser abdecken können als eine All-in-One-Lösung. Für Unternehmen, die ohnehin eine Best-of-Breed-Strategie verfolgen, kann dieser Punkt die Möglichkeiten beschränken.

Eine Integration, die ich auf jeden Fall vermisse, ist der LinkedIn Recruiter Connect. Mit dieser Funktion lassen sich LinkedIn Recruiter Lizenzen direkt mit dem Bewerbermanagementsystem verknüpfen. Gerade für Unternehmen, die stark auf Active Sourcing setzen, ist eine integrierte Schnittstelle zu LinkedIn extrem hilfreich, um Profile und Nachrichten von Kandidat:innen mit einem einzigen Klick ins ATS zu übertragen.

Bewertung:

Bewertung: 4.5 von 5.

Servicequalität

Das System erhält regelmäßige Updates und Verbesserungen. Das alleine ist schon ein wichtiger Indikator dafür, dass der Anbieter versucht, sein Produkt up-to-date zu halten. Der Kundensupport von rexx ist außerdem sehr umfassend und umfangreich. Über das Dashboard erreichen Nutzer:innen nicht nur das Ticketportal, sondern haben auch noch Zugang zu einem (aktiven) Kundenforum, bei dem Kund:innen ihre Probleme, Wünsche und Ideen platzieren und diskutieren können. Das Customer Success Team hat in den Fällen, die ich im Test stichprobenartig gecheckt habe, innerhalb eines Tages oder sogar weniger Stunden reagiert.

rexx Kundenforum

Ungeduldige können das Ticketsystem außerdem mit einer Support-Konferenz per Video umgehen. Zusätzlich zum Kundenforum und zum Direktsupport werden Nutzer:innen des Systems sowohl standardisierte Schulungen als auch regelmäßige Webinare durch das Customer Success Team angeboten. Die Webinare finden wöchentlich (bzw. teilweise sogar häufiger) statt, haben aber nicht immer einen Recruitingfokus, sondern beinhalten je Webinar Themen zu den unterschiedlichsten Modulen des Systems oder Produktneuheiten und Updates. Diese Webinare sowie weiterer Videocontent und umfassendes Schulungsmaterial stehen den Nutzer:innen außerdem in einer Mediathek zur Verfügung.

rexx Mediathek

Manchmal werden zudem Roundtables angeboten, bei denen sich Nutzer:innen untereinander und mit dem Customer Success Team zu ausgewählten Themen austauschen können. In diesem Jahr hat das Unternehmen seine Kunden außerdem zu dem eigens eingerichteten Kundenevent „rexxperience“ nach Hamburg eingeladen, um den Erfahrungsaustausch unter Kunden weiter zu forcieren.

Der Support war im Rahmen dieses Test leicht erreichbar und hat prompt auf Anfragen reagiert. Ob das generell so ist und stets die Erwartungen aller Kunden trifft, ist objektiv natürlich schwierig zu bewerten und hängt auch immer wieder von den individuellen Erwartungen ab. In Sachen Service können sich andere Anbieter hier bei rexx auf jeden Fall noch eine Scheibe abschneiden.

Bewertung:

Bewertung: 5 von 5.

Implementierung

rexx gibt die Implementierungszeit seines Bewerbermanagementssystems mit insgesamt vier Wochen bzw. 28 Stunden (und teilweise sogar kürzer) an. Das kann man natürlich im Idealfall schaffen – ist aber insgesamt extrem ambitioniert und aus meiner Sicht eher unrealistisch. Die Angabe ist aus meiner Perspektive eher vergleichbar mit der Angabe des Benzinverbrauchs beim Neuwagenkauf. Schließlich spielen hier eine Menge weiterer Faktoren eine wichtige Rolle.

So bleibt bei dieser Zeitangabe vor allem die Unternehmensgröße unberücksichtigt. Außerdem erhöht die Anzahl der Standorte (im In- und Ausland) ebenfalls die Komplexität eines solchen Projekts. Die Anzahl der Projektbeteiligten hat ebenso einen Einfluss auf die Implementierungsdauer sowie die Frage, ob die Einführung durch die Mitbestimmung begleitet wird. Dann darf und muss das Projektteam nämlich ebenfalls Extrarunden drehen, die zusätzlich Zeit kosten. Aus eigener Erfahrung kann ich folgende Faustformel benennen: Implementierungsprojekte von Bewerbermanagementsystemen dauern häufig vier Mal so lange, wie man Beratungsstunden beim Implementierungspartner (der nicht gezwungenermaßen der Hersteller sein muss) eingekauft hat.

Der Fahrplan von rexx sieht dabei Woche für Woche unterschiedliche Aufgaben für das Projektteam vor. So startet die erste Woche mit einem Kick-Off und dem gemeinsamen Erarbeiten der Projektziele. Hierfür müssen die Ressourcen- und Aufgabenverteilung abgestimmt werden. Auf dem Plan für die erste Woche steht außerdem ein Systemrundgang und das Kennenlernen der Software sowie die erste Erstellung von Vorlagen.

In Woche zwei sollen lediglich Karriereportal, Benutzerrollen und Kanäle festgelegt werden. Die hierfür angelegten sechs bis acht Stunden lassen sich aber maximal in kleinen Unternehmen realisieren, wenn das Karriereportal als Standalone-Lösung aufgesetzt wird und die Kanäle nicht vielfältig und breit gestreut sind. Eine Proxy-Integration oder XML-Schnittstelle bedarf da schon mehr Abstimmungsbedarf und Arbeitsaufwand. Außerdem fehlt mir hierbei die Tatsache, dass die umfassenden Konfigurationsmöglichkeiten nahezu jedes Datenbankfelds intern automatisch zeitfressende Diskussionen auslösen.

In der dritten Woche sollen im Idealfall schon alle vakanten Stellen angelegt und ausgeschrieben werden, letzte Tests und die unternehmensweite Kommunikation gefahren werden bevor es dann zum Go-Live übergeht. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Ja, es kann Fälle geben, bei denen es mal so rund läuft. Die Realität sieht aber anders aus.

Bewertung:

Bewertung: 3.5 von 5.

Preisgestaltung

Die Kosten für ein Bewerbermanagementsystem teilen sich in der Regel in zwei wesentliche Bestandteile: Lizenz- und Implementierungskosten. So auch bei rexx systems. Für die SaaS-Lösung von rexx richtet sich der Preis modular nach rund 30 verschiedenen Bausteinen. Jedes Modul hat einen Einzelpreis, der an die Anzahl der zu verarbeitenden Mitarbeiter:innen gekoppelt ist. Positiv anzumerken ist, dass rexx systems auf seiner Webseite einen Kalkulator anbietet, um bereits vorab eine Preisindikation für die möglichen Lizenzkosten aus Basis der Anzahl der Mitarbeiter:innen zu errechnen. Die Kalkulation funktioniert allerdings nur bis zu einer Größe von 250 Mitarbeiter:innen. Alles, was darüber hinaus geht, gibt es nur auf Anfrage. Das ist allerdings schon mehr Preistransparenz als bei vielen anderen.

Preiskalkulation für das Bewerbermanagementsystem

Im Standardumfang des Bewerbermanagements sind die wesentlichen Funktionen sowie der Support natürlich bereits enthalten. Optionale Features wie z. B. WhatsApp-Bewerbungen, die Integration von Assessment-Tools, die Exchange-Anbindung zu Outlook, das Empfehlungsmanagement oder das Multiposting gehören allerdings nicht zum Standardrepertoire und müssen zusätzlich lizenziert werden. Das ist aber weder ungewöhnlich noch tragisch, da gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen häufig (noch) keinen Gebrauch von diesen Funktionen machen und die Lösung im Zweifel nur überladen.

Einziger Wermutstropfen bei der Preisgestaltung ist für mich die zusätzliche Bepreisung von Sprachen. Sobald Unternehmen international tätig werden, muss jede einzelne Sprache extra lizenziert und bezahlt werden. Das finde ich ehrlicherweise immer etwas unglücklich. Schließlich ist kein zusätzlicher Programmieraufwand für die Aktivierung von Sprachen notwendig, wenn diese einmal für das System angelegt wurden. Insgesamt würde ich die Preisgestaltung aber als fair und transparent bewerten.

Bewertung:

Bewertung: 4 von 5.

Fazit

Unternehmen, die sich für das Bewerbermanagementsystem von rexx entscheiden, bekommen eine Recruiting-Lösung, die so ziemlich jede individuelle Anforderung von Arbeitgebern bei der Gestaltung ihrer Prozesse in der Personalgewinnung und darüber hinaus abdecken kann. Manchmal eben sogar mehr als einem lieb ist. Eine Entschlackung der Funktionalitäten sowie ein Refresh von Design und Sprache würden dem System gut zu Gesicht stehen. So ließen sich manche Prozesse simplifizieren und die Akzeptanz bei den Endanwender:innen erhöhen. Da, wo außerdem mehr Konnektivität wünschenswert wäre, setzt das Unternehmen eher auf eine Closed-Shop-Strategie. Sei’s drum. Die Prozesse sind insgesamt gut durchdacht und erprobt und für Unternehmen aller Größenordnungen und Branchen adaptierbar. Das Tool kann außerdem vor allem im Zusammenspiel mit weiteren Modulen Punkten. Als Allzweckwaffe ist die Lösung von rexx systems daher definitiv empfehlenswert.

Bewertung:

Bewertung: 4 von 5.

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