„Der Trend der Akademisierung in Deutschland verstärkt sich seit vielen Jahren“ – Auf ein Wort mit Luisa Schmitt & Max Jünger von Hammerjobs

Habt ihr in den letzten Monaten oder Jahren mal versucht kurzfristig ein:e Handwerker:in zu bekommen? Das ist heutzutage gar kein so leichtes Unterfangen. Schließlich ist in diesen Berufsgruppen der Fachkräftemangel ganz besonders sichtbar. Hinzu kommt, dass immer junge Menschen sich für eine Studium entscheiden und gegen die duale Ausbildung. Das bringt viele Handwerksbetriebe an ihre Kapazitäts- und Belastungsgrenze und führt dazu, dass viele potenzielle Aufträge einfach nicht (mehr) abgedeckt werden können. Luisa Schmitt und Max Jünger haben mit ihrem Startup Hammerjobs ein Angebot geschaffen, das genau hier ansetzen soll. Im Rahmen meiner allyance-Interviewreihe hatte ich die Möglichkeit den beiden Gründer:innen zu sprechen.

Hi ihr beiden! Schön, dass ihr die Zeit für dieses Interview gefunden habt. Stellt euch doch kurz den Leser:innen vor und sagt uns, was ihr beruflich so macht.

Luisa: Hi! Wir sind Max und Luisa, die Gründer von Hammerjobs. Mit Hammerjobs helfen wir deutschlandweit Handwerks- und Industriebetrieben, ihre offenen Stellen mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen. Das ganze machen wir mithilfe von Social Media Recruiting. Das heißt, wir erstellen individuelle Recruiting-Kampagnen, die wir dann auf sozialen Netzwerken, wie Instagram, Facebook oder TikTok veröffentlichen.  Die generierten Bewerbungen fließen dann in das Hammerjobs-Recruiting-Portal, in dem die Kunden die Bewerbungen managen und noch schneller einstellen können.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Hammerjobs zu gründen?

Max: Wir sind beide unabhängig voneinander mit dem Fachkräftemangel in Berührung gekommen. Ich habe in meiner Jugend bei Elektroinstallationsbetrieben gejobbt und nach meinem Abi ein duales Studium im Bereich Mechatronik absolviert. Bei beiden Stationen war der Mangel an qualifizierten Fachkräften immer wieder Thema. Luisa hat durch Angehörige, die im technischen Bereich arbeiten, mehrfach von Personalengpässen und deren Folgen gehört und auch ihre Bachelorarbeit über den Fachkräftemangel geschrieben. Schließlich haben wir uns dazu entschieden, noch während unseres Studiums zu gründen und gegen das Problem vorzugehen. 

Wie sieht euer Weg seit der Gründung aus? Gibt es Meilensteine, auf die ihr besonders stolz seid?

Luisa: Seit unserer Gründung 2020 ist echt viel passiert. Die ersten Kunden haben wir noch während des Studiums gewonnen und konnten so testen, ob unsere Lösung am Markt ankommt. Da die ersten Projekte gut gelaufen sind, haben wir uns dazu entschieden, direkt nach dem Studium in die Selbständigkeit zu starten. 

Im Januar 2022 haben wir zusammen mit Allygatr, einem Venture Capitalist für HR Tech, eine GmbH gegründet. Danach folgten einige Meilensteine. Bereits im März 2022 haben wir den Umsatz aus dem Jahr 2021 übertroffen, im Mai haben wir die ersten Mitarbeiter:innen eingestellt, Ende 2022 haben wir bei uns im Kreis Bergstraße den Gründerwettbewerb in der Kategorie “Junge Unternehmen im Wachstum” gewonnen. Ins Jahr 2023 sind wir mit 10 Mitarbeiter:innen gestartet, hatten zu dem Zeitpunkt über 4000 Bewerbungen generiert und unser Recruiting-Portal gelauncht. Inzwischen sind wir ein Team aus 17 Personen, haben über 95 Kunden und sind weiter auf Wachstumskurs. Besonders stolz sind wir auf unser Team, das super Arbeit macht und gemeinsam mit uns gegen den Fachkräftemangel im Handwerk und der Industrie vorgeht. 

In Deutschland fehlen aktuell rund 250.000 Handwerker:innen. Was ist da schwieriger – Azubis, Gesell:innen oder Meister:innen finden? 

Max: Pauschal ist das schwer zu sagen. Generell beeinflussen das Recruiting verschiedene Faktoren, die dann auch den Erfolg einer Kampagne bestimmen: Zum Beispiel die Lage und die Größe des Betriebs, die Arbeitgeberattraktivität, Vorteile und die Medien, die zur Verfügung gestellt werden. Ist alles gegeben, ist es leichter diese Position zu besetzen – sei es ein Azubi, Geselle oder ein:e Meister:in. Bei der Suche nach Auszubildenden ist die Erstellung der Anzeigen eine Herausforderung, da zum Beispiel Reels, die bei jungen Menschen gut ankommen, extra aufgenommen und aufbereitet werden müssen. Viele Betriebe haben hierfür keine Zeit oder wollen für die Suche von Azubis nicht viel Budget aufbringen. Das erschwert das Recruiting. Ist die Ausgangssituation gleich, ist es aber dennoch einfacher Gesell:innen zu finden, als Meister:innen, da die Ansprüche an diese Stelle geringer sind. 

In welchen Branchen gibt es einen besonders hohen Bedarf an Handwerker:innen oder sieht die Situation in allen Branchen mit handwerklichen Berufen ähnlich aus?

Luisa: Verschiedenen Untersuchungen zufolge fehlen Fachkräfte am häufigsten im Bauhandwerk – vor allem im Bereich Bauelektrik und bei der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Diese Branchen bedienen wir mit Hammerjobs regelmäßig. Dennoch haben wir Betriebe aller technischen Branchen als Kunden, die ebenfalls einen hohen Personalbedarf haben und dringend Unterstützung benötigen. 

Immer mehr Junge ziehen allerdings das Studium einer klassischen Ausbildung vor. Wie bewertet ihr diese Entwicklung und welche Möglichkeiten seht ihr diesen Trend umzukehren?

Max: Das stimmt. Der Trend zur Akademisierung in Deutschland verstärkt sich seit vielen Jahren und stellt Deutschland mit vielen unbesetzten Ausbildungsplätzen vor große Herausforderungen. Das Problem sehen wir darin, dass die Berufsausbildung und vor allem das Handwerk ein Imageproblem haben. Junge Menschen werden oftmals nicht oder falsch beraten oder von ihren Eltern dazu animiert, ein Studium zu beginnen. Jede:r soll das machen, was er oder sie möchte. Wenn die Berufsausbildung durch die Gesellschaft jedoch einen Stempel aufgedrückt bekommt und das Potenzial durch fehlende Transparenz nicht ans Licht kommt, führt das den aktuellen Trend fort. Die Folge ist, dass viele ihr Studium wieder abbrechen und im Anschluss eine Ausbildung beginnen. Das ist derzeit, vor allem bei MINT-Studiengängen, zu beobachten. Es muss deshalb stärker darüber aufgeklärt werden, welches Potenzial die Berufsausbildung hat, welche Wege damit eingeschlagen werden können und wie die Verdienstmöglichkeiten sind. Hier arbeiten wir beispielsweise schon mit Schulen zusammen, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Darüber hinaus muss darüber informiert werden, dass hinsichtlich der Digitalisierung in den letzten Jahrzehnten viel passiert ist und Maschinen in diversen Bereichen die körperliche Arbeit reduzieren. Auch in Gymnasien sollte die Ausbildung bei Berufsinformationstagen stärker in den Fokus gerückt werden. 

Aber ist das Studium nicht gerade für junge Menschen, die aus Arbeiterfamilien kommen, die große Chance für einen sozialen Aufstieg? 

Luisa: Es ist auf jeden Fall toll, dass jede:r, die/der ein Studium antreten möchte und darin klare Vorteile gegenüber einer Berufsausbildung sieht, diese Chance nutzen kann. Es muss nur eben stärker aufgezeigt werden, dass Karriere auch mit einer Ausbildung bestens möglich ist und nicht weniger wert ist, als ein Studium. So ist es beispielsweise möglich, mit einem Meistertitel mehr zu verdienen, als mit einem Bachelor. Und wie das Sprichwort sagt, hat das Handwerk goldenen Boden und ist gefragt, wie nie. Ich bin der Meinung, dass das “Ansehen” von handwerklichen Berufen in den letzten Jahren stark gestiegen ist und in den kommenden Jahren noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. 

Wie funktioniert Hammerjobs konkret? Was macht die Plattform so besonders oder funktioniert sie wie jede andere Spezialjobbörse?

Max: Das Besondere bei Hammerjobs ist die Kombination aus mehreren Faktoren. Bei unseren Social Media Recruiting Kampagnen überzeugen wir mit der Qualität der Bewerbungen. Da ich aus dem Handwerk komme und einen engen Bezug zur Branche habe, habe ich, und folglich auch unser Team, ein tiefes Zielgruppenverständnis. Wir wissen ganz genau, wo und auf welche Art und Weise technische Fachkräfte angesprochen werden müssen, was sie beschäftigt und worauf sie Wert legen. 
Ein Unterschied zu Jobbörsen ist, dass wir mit unseren Anzeigen pro Stelle durchschnittlich zwanzigtausend Kandidat:innen in der Region des Unternehmens ansprechen. Dabei erreichen wir vor allem Wechselwillige, die nicht unbedingt aktiv auf Jobsuche sind, bei einem attraktiven Jobangebot allerdings wechseln würden. Die Power von Social Media, wo sich so gut wie jede:r aufhält, spielt hier eine große Rolle. 

Wir setzen uns außerdem regelmäßig mit unseren Kunden zusammen, beraten und optimieren kontinuierlich die Kampagnen. Diese bauen wir individuell auf Basis der Alleinstellungsmerkmale und Vorteile auf. Mit unserem Bewerberquiz sorgen wir dafür, dass sich lediglich Kandidat:innen bewerben können, die die Anforderungen der Stelle erfüllen. Obendrauf gibt es noch eine Bewerbergarantie. All das führt dazu, dass wir über unsere gesamten Recruiting-Kampagnen verteilt eine Einstellungsquote von 91 % haben.

Was unsere Kunden obendrein sehr schätzen, ist unser Recruiting-Portal. Damit können sie sich nicht nur zur Aufnahme von Bild- und Videomaterial informieren, sondern haben auch ein Tool, mit dem sie einfach ihre Bewerbungen verwalten können. 

Habt ihr schon konkrete Pläne, was ihr als Nächstes mit Hammerjobs realisieren wollt? Worauf können sich sowohl Bewerber:innen als und Arbeitgeber, die eure Plattform nutzen, in Zukunft freuen? 

Luisa: Wir möchten unser Recruiting-Portal ausbauen und unseren Kunden Wissen an die Hand geben, mit dem sie sich als Arbeitgeber für die Zukunft bestens aufstellen können. Darüber hinaus soll es möglich sein, mit wenigen Klicks mit Kandidat:innen in Kontakt zu treten und zu oder AGG-konform abzusagen. Wir planen auch, die “abgelehnten” Kandidat:innen stärker mit einzubeziehen. Wie genau das aussehen wird, können wir an dieser Stelle noch nicht verraten. Stay tuned! 

Liebe Luisa, lieber Max, vielen Dank für die spannenden Einblicke. Ich hoffe, wir werden auch in Zukunft noch viel von euch und Hammerjobs hören!

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