Wie die Einarbeitung neuer Mitarbeiter auch ohne Sprachkenntnisse gelingt – Auf ein Wort mit Farhoud Cheraghi von how.fm

Stell dir vor, du stellst Mitarbeiter in Bereichen wie der Logistik oder Produktion ohne ausreichende Sprachkenntnisse ein. Deutschkenntnisse auf C2-Niveau sind dafür natürlich nicht zwingend notwendig. Nichtsdestotrotz soll die Einarbeitung so schnell wie möglich über die Bühne laufen, damit die Produktivität gewährleistet ist. Außerdem soll es keine Kompromisse bei der Arbeitssicherheit geben, nur weil Mitarbeiter nicht alle Anweisungen direkt verstehen. Farhoud Cheraghi hat sich mit seinem Startup how.fm genau diesem Problem gewidmet und eine smarte Lösung geschaffen von der sowohl das Unternehmen aber vor allem auch neue Mitarbeiter profitieren.

Hallo, Farhoud! Schön, dass du die Zeit für dieses Interview gefunden hast. Stelle dich doch kurz den Lesern vor und sag uns, was du beruflich so machst.

Farhoud Cheraghi von how.fm

Hallo Marcel, schön, dass wir hier zusammengekommen sind. Ich bin neben Andreas Kwiatkowski einer der Gründer von how.fm und kümmere mich dort insbesondere um die Produkt- und Unternehmensstrategie. Zusätzlich bin ich als Product Owner und als Sparringspartner für unser Entwicklungsteam tätig. 

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, how.fm zu gründen?

Andreas und ich waren fasziniert von der Voice Technologie. Durch Alexa und Siri ist sie ja im Endkundenbereich bereits bekannt, aber im B2B haben wir kaum Anwendungsbeispiele gefunden. Wir sahen dort ein großes Potenzial und nach zahlreichen Interviews in der Industrie zeichnete sich ein wirklich wichtiges Thema ab: Die Einarbeitung von Mitarbeitern war eine immer wiederkehrende Herausforderung – insbesondere bei Unternehmen, die kurzfristig viele Mitarbeiter einarbeiten müssen, z.B. in Produktions- und Logistikunternehmen.

Wie funktioniert das Onboarding mit how.fm in der Praxis? Ist how.fm bereits bei namhaften Unternehmen im Einsatz?

Nehmen wir mal den ersten Tag eines neuen Lagermitarbeiters: Als Erstes wird jeder neue Mitarbeiter mithilfe von how.fm die Sicherheitsunterweisungen absolvieren – in seinem eigenem Tempo und vor allem in seiner Landessprache. Anschließend startet die fachliche Einarbeitung mit spezifischeren Unterweisungen, z.B. rund um die Aufgaben als Kommissionierer. Danach ist der Mitarbeiter bereit für seinen ersten Einsatz. Unsere Lösung ist z.B. schon bei Kunden wie Ingram Micro, Bohnen Logistik (Duisport Gruppe) oder auch PVH (Tommy Hilfiger) in Betrieb.

how.fm – Logistik bei Just Spices

Ist how.fm auch international einsetzbar?

Auf jeden Fall kann how.fm international eingesetzt werden. Da kennen wir keine Grenzen. Einige unserer Kunden haben z.B. die Herausforderung, dass die Unternehmenszentrale gerne die Inhalte steuern möchte und somit how.fm an internationalen Standorten einsetzt, um weltweit Standards zu trainieren. 

Welches Feedback erhaltet ihr von Mitarbeitern, die durch how.fm in ihrem täglichen Job begleitet werden?

Die Reaktionen der Mitarbeiter sind positiv. Insbesondere die Übersetzung in die Muttersprache hilft neuen Arbeitern, sich schneller im Job zurechtzufinden. Studien zeigen, dass Hören anstelle von Lesen der größte gemeinsame Nenner unter den Lernenden ist. Durch die Kombination aus Bild, Ton und Text bieten wir für jeden Lerntypen das richtige Medium. Manche haben noch Berührungsängste mit der Sprachsteuerung, aber dafür gibt es auch die Möglichkeit die App per Touch  zu steuern. Hinzu kommt, dass wir die Simplified Technical English – Methodik nutzen bzw. für unsere Kunden adaptieren. Das ist ein Konzept, dass z.B. dafür steht Mehrdeutigkeit zu verringern und das Verständnis für Nicht-Muttersprachler zu verbessern, indem eine möglichst klare Sprache genutzt wird. Damit können die Mitarbeiter die Inhalte sehr schnell erfassen. Das kommt sehr gut an, weil die Anweisungen einfach und schnell verständlich sind. 

Wie viele Sprachen umfasst eure Plattform und in welcher Qualität sind die Übersetzungen?

Aktuell bieten wir Übersetzungen in über 20 Sprachen an. Die Qualität der Übersetzungen ist sehr hoch. Selbst firmeninternen Jargon kann die Software erlernen.

Können Übersetzungen, die nicht bei 100% sind, nicht zum Sicherheitsproblem werden?Gerade im Lager ist Arbeitssicherheit doch ein Riesenthema.

Bei kritischen Themen drehen wir mehrere Schleifen mit den Unternehmen, Übersetzern und Sicherheitsexperten, damit wir sichergehen können, dass hier keine Missverstände auftreten. Sicherheit ist für uns ein sehr relevantes Thema. Da kommt den Übersetzungen eine besondere Bedeutung zu. Gerade wenn Sicherheitsunterweisungen nur auf Deutsch abgehalten werden, ist das für internationale Belegschaften nicht ideal.

Wenn Mitarbeiter, die nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügen, alle Arbeitsanweisungen in ihrer Muttersprache erhalten, führt das nicht eher dazu, dass sie ihre Sprachkenntnisse zukünftig noch langsamer ausbauen?

In erster Linie ist es für uns wichtig, dass Mitarbeiter sich am Arbeitsplatz sicher bewegen können. Da glauben wir, dass eine Vermittlung in der Muttersprache im Hinblick auf Sicherheit die beste Variante ist. Generell möchten wir mit how.fm die Integration von neuen Mitarbeitern in ein Unternehmen – unabhängig von der Sprache – eher fördern, in dem die Mitarbeiter die vorhandenen Gegebenheiten noch besser verstehen. 

Bekommen Menschen ohne ausreichende Sprachkenntnisse durch euch eine Chance, die ihnen in der Vergangenheit eher verwehrt geblieben wäre?

Von unseren Kunden bekommen wir positives Feedback hinsichtlich des Recruitings. Sie haben gerade in Zeiten des Fachkräftemangels einen größeren Pool an potenziellen Kandidaten zur Verfügung, den sie für die offenen Positionen ansprechen können. Das hilft zum einen den Mitarbeitern, die auf Jobsuche sind, aber auch den Unternehmen, die dringend Positionen besetzen müssen, um ihre Auftragslage zu erfüllen.

Wie verändert euer Produkt die Arbeit von Personalentwickler? Oder ersetzt how.fm zukünftig sogar das Berufsfeld der Trainer?

Das ist nicht unser Ziel. Wir möchten Trainer in ihrer täglichen Arbeit entlasten, indem wir für mehr Standardisierung und Konsistenz sorgen. Die Trainer müssen Inhalte seltener wiederholen, sondern können die Standardprozesse durch den digitalen Trainer schulen lassen. Der Trainer kann sich somit mehr um Sonderfälle oder Rückfragen kümmern. Internationale Teams können in mehreren verschiedenen Sprachen eingearbeitet werden, ohne von Dolmetschern abhängig zu sein oder dass der Trainer die Arbeitsanweisungen mit Hand und Fuß erklären muss. 

Ihr habt euch auf die Zielgruppe der Lagerarbeiter fokussiert. Wieso ist euer Tool gerade in diesem Bereich besonders stark? Wie schwer ist es für Arbeitgeber, die Plattform auf weitere Arbeitsbereiche auszuweiten?

Lagerleiter sind häufig mit der Situation konfrontiert, dass sie kurzfristig eine hohe Zahl von neuen Mitarbeitern anlernen müssen. Das kann durch saisonale Schwankungen, neue Standorte oder kurzfristige Nachfragesteigerungen kommen. Daher besteht in der Logistik regelmäßig ein hoher Trainingsbedarf, der häufig von Schlüsselpersonen im Tagesgeschäft abgedeckt werden muss. How.fm entlastet das Stammpersonal bei der Einarbeitung von Lagerarbeitern. Durch die selbstständige Einarbeitung in Landessprache werden die neuen Mitarbeiter schneller produktiv und erzielen eine höhere Arbeitsqualität. Wir können aber auch in anderen Arbeitsbereichen unterstützen, in denen manuelle Fertigkeiten geschult werden sollen, da die Inhalte durch unsere Kunden individuell steuerbar ist. 

Welche Pläne habt ihr für die how.fm in naher und ferner Zukunft? Worauf können sich interessierte Unternehmen freuen?

Wir arbeiten jeden Tag weiter an unserem Produkt, damit wir möglichst vielen Logistik-Unternehmen bei der Herausforderung der Einarbeitung helfen können. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, die Einarbeitung von gewerblichen Mitarbeitern zu revolutionieren. Da sind Lagerarbeiter erstmal nur der Anfang. Langfristig ist unsere Vision, dass jeder Mitarbeiter ein Training für manuelle Fertigkeiten erhält, dass auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Jeder Mitarbeiter soll die benötigte Fachkompetenz so lernen können, wie es für sie oder ihn am besten geeignet ist. 

Lieber Fahroud, vielen Dank für das spannende und aufschlussreiche Interview. Ich hoffe, wir werden auch in Zukunft noch viel von dir und how.fm hören!

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