Sara-Lena Eisermann ist wahrscheinlich eine der positivsten Menschen in meinem Instagram-Feed. Von ihr geht eine unglaubliche Energie aus. Neben ihr wirken selbst Lady Di, Cameron Diaz und Anke Engelke wie ein Trauerklos. Kein Tag an dem sie keine gute Laune versprüht, Menschen um sich herum ermutigt und sich für eine bessere Arbeitswelt einsetzt. Wie sie das macht, erfahrt ihr hier im Interview.

Liebe Sara-Lena, stell dich doch kurz vor und erkläre den Lesern kurz, welche(n) Job(s) du hast und was deine aktuellen Aufgaben sind.

Sara-Lena Eisermann

Hi, ich bin Sara, 33 Jahre alt, komme aus dem wunderschönen Schwarzwald und bin in einem ganz kleinen Dorf namens Yach aufgewachsen. Mein Weg führte mich 2005 nach dem Abi hinaus in die weite Welt: Au-Pair in Großbritannien, Auslandsstudium in Spanien und Chile. Studiert habe ich Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der UDK Berlin und Interkulturelle Personalentwicklung und Kommunikationsmanagement an der FSU Jena. 2015 ging’s nach Leipzig für den ersten Fulltime-Job im HR bei Spreadshirt und 2018 wieder zurück nach Berlin. Jetzt arbeite ich als Systemische Coach und begleite Menschen und Organisationen bei Entscheidungsfindungs- und Veränderungsprozessen. Ich bin spezialisiert auf Themen rund um New Work und Human Relations: Recruiting (vorwiegend im Startup und Tech-Bereich), Employer Branding, Personalentwicklung, Leadership und Diversity. Neben meiner freiberuflichen Tätigkeit arbeite ich in Teilzeit für die ReDI School of Digital Integration, einer Programmierschule in Berlin und München – insbesondere für Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund und mittlerweile auch für mittellose Deutsche.

Was macht dich aus als Coach und wer gehört typischerweise zu deiner Zielgruppe?

Gutes Coaching braucht für mich drei Dinge: Empathie, Individualität und Leichtigkeit. Ich will keinen Standardprozess, der abgespult wird, sondern stelle mich auf jeden Coachee bzw. Kunden situativ und intuitiv ein. Denn: Jede Organisation, jeder Mensch und jeder Prozess ist anders. Ich arbeite mit Metaphern und lebendigen Bildern, nutze assoziative und kreative Methoden, die meine Coachees ins Fühlen bringen sollen, welche Wege ihnen offen stehen. Wir denken ohnehin den ganzen Tag so viel. Was mir hilft, ist meine natürliche Neugier. Ich habe schon als Kind jeden mit meinen Fragen gelöchert und gerade dadurch schnell das Vertrauen von Menschen gewonnen.

Meine Zielgruppe im Bereich Coaching sind vor allem jüngere Menschen, die noch am Anfang ihres Berufslebens stehen, nach Orientierung und Klarheit suchen. Oft sind es Frauen, die sich ihrer individuellen Stärken (wieder) bewusst werden möchten, im Spannungsfeld zwischen Arbeit und Privatleben stehen oder im Beruf nach Rollenklarheit suchen. Ich begleite Nachwuchsführungskräfte in Unternehmen und aufgrund meines IT-Recruiting-Hintergrunds auch Techies. Also all die Menschen, die keinen konventionellen Coach suchen, sondern mich: frisch, neugierig und offen.

Das klingt richtig spannend! Kommen wir zu deinem zweiten Job: Was genau macht die ReDI School und wie bist du zu dem Job gekommen?

Die ReDI School vermittelt als Programmierschule wichtige digitale Skills, die den Nachwuchstalenten den Einstieg in die IT-Branche ermöglichen sollen. Laut Bitcom gibt es aktuell in Deutschland 82.000 offene Stellen in der IT-Branche. Die Initiative adressiert diesen Bedarf und möchte eine Win-Win-Situation schaffen – für eine erfolgreiche Integration und für Menschen, die oftmals keine privilegierten Voraussetzungen haben. Die Studierenden durchlaufen ein viermonatiges Programm, mit kostenlosen IT-Kursen (wir bieten derzeit 11 Kurse an), Bewerbungsunterlagen-Check, Career Coachings, Softskill-Workshops, Mentoring und Networking Events. Sie erhalten dadurch Zugang zu den führenden Digitalunternehmen und Start-Ups in Deutschland. Den Job habe ich – Social Media affin wie ich bin – über LinkedIn gefunden. Die Gründerin der ReDI School, Anne Kjaer Riechert hatte die Ausschreibung dort geteilt.

Wie sieht das ReDI Internship Program konkret aus und was machst du genau bei der ReDI School?

Mein Ziel ist es, unsere Studierenden in – bestenfalls bezahlte – Praktika oder Jobs zu vermitteln. Praktika sind ein erster, niedrigschwelliger Einstieg in den Arbeitsmarkt und bieten gerade für unsere Zielgruppe ein großes Potenzial, um in Deutschland Fuß zu fassen. Im Idealfall suchen wir Partnerunternehmen, die Praktikumsstellen im IT-Bereich jeweils am Ende des ReDI-Semesters anbieten (Juni/Juli oder Dezember/Januar) – gerne aber auch durchgängig. Die Dauer des Praktikums variiert dabei zwischen vier Wochen und sechs Monaten. Die Unternehmen kontaktieren uns mit ihren offenen Praktikumsstellen. Bestenfalls gibt es bereits eine Jobausschreibung auf Englisch und Deutsch. Diese teilen wir in unserem ReDI-Netzwerk und adressieren potentielle Studierende. Entweder bewerben sich die Studierenden direkt selbst bei den Unternehmen oder wir machen eine Vorauswahl aus dem ReDI Talent Pool – das hängt stark vom Unternehmen, der Stelle, dem jeweiligen Recruitingprozess und unseren Ressourcen ab.

Als ehemalige Recruiterin kenne ich die Arbeitgeberseite aus eigener Erfahrung sehr gut und weiß, wie internes Recruiting in Unternehmen abläuft und was im Bewerbungsprozess wichtig ist. Es geht auch nicht nur um die bloße Vermittlung von Praktika. Ich will den bestmöglichen Match herstellen und für beide Seiten, also Unternehmen und Praktikant, eine positive und nachhaltige Erfahrung ermöglichen.

Welche Teilnehmer kommen in der Regel zu euch, um das Praktikum zu absolvieren?

Das ist ganz unterschiedlich und so divers wie unsere Zielgruppe: Geflüchtete, EU-Migranten, Menschen mit niedrigem oder ganz ohne Einkommen, Arbeitssuchende. Was sich alle wünschen sind praktische Erfahrungen und eine Chance, ihre Skills in der Praxis anzuwenden.

Das stelle ich mir in der Praxis schwierig vor. Wie sieht das denn mit den rechtlichen Rahmenbedingungen wie Visa und Arbeitserlaubnis aus?

Die deutsche Bürokratie bringt mich echt immer wieder zum Kopfschütteln und kostet extrem viel Zeit und Energie. Die Jobvermittlung ist ja schon unter ‚normalen‘ Bedingungen eine komplexe Herausforderung. Ein großer Teil der Teilnehmenden kommt aus Nicht-EU-Staaten, die Mehrheit aus Syrien. Ihr Status muss daher vor einer Einstellung individuell vom Unternehmen geprüft werden: manche haben bereits ein Visum, andere eine Niederlassungserlaubnis oder einen Daueraufenthalt. Mit einer Aufenthaltserlaubnis können sie einer Beschäftigung nachgehen, wenn das in der Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich genehmigt ist. Da die Beschäftigungsvoraussetzungen für die Zielgruppe der Newcomer so divers sind, kooperieren wir bei arbeitsrechtlichen Fragen eng mit der Bundesagentur für Arbeit, der AWO und anderen Experten.

Welche Unternehmen habt ihr schon für euer Projekt gewinnen können und wie sieht so eine Partnerschaft aus?

Das Spannende ist, das wir mit der ganzen Bandbreite an Unternehmen arbeiten. Von kleinen Tech-Startups bis zu großen Playern wie Cisco, Microsoft, Salesforce, Klöckner & Co, Coca-Cola Foundation, Deloitte oder SAP ist alles dabei. Die Partnerschaften gestalten sich ganz unterschiedlich: Finanzielle Unterstützung, Laptop-Spenden, Programm-Partner, Location- oder Event-Partner, Praktikumsstellen im IT-Bereich. Mit der Deutschen Bahn haben wir im letzten Semester eine tolle Kooperation gestartet: Sie haben exklusiv für ReDI Studierende einen Praktikumsplatz im Team WIFI@DB angeboten, der erfolgreich besetzt wurde.

Welchen Benefit versprechen sich die genannten Unternehmen von diesen Praktikanten? Und ist euer Programm dann nicht perfekt geeignet, um dem Fachkräftemangel bei IT-Spezialisten entgegen zu wirken?

Der Vorteil für die Unternehmen ist ganz klar: Zugang zu IT-Nachwuchstalenten aus über 40 Nationen, die vielfältige Erfahrungen mitbringen und die Motivation, sich mit Programmieren ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir schaffen eine Win-Win-Situation: Unsere IT Nachwuchskräfte tragen dazu bei, die offenen IT-Stellen in Deutschland zu füllen. Außerdem haben wir mittlerweile einen Frauenanteil von 54%.

Wie geht es mit dem ReDI Internship Programm in den nächsten Wochen und Monaten weiter? Kannst du uns schon einen Ausblick geben?

Wir sind als Career Support Team Anfang 2019 gestartet und werden noch bis Juni 2020 durch die JP Morgan Foundation finanziert. Unser Ziel ist, unsere Teilnehmenden so gut wie möglich auszubilden und vorzubereiten, für einen erfolgreichen und vor allem nachhaltigen Start in den Arbeitsmarkt. Wir arbeiten gerade iterativ an unserem Angebot – das neue Semester startet bereits Mitte August. Wir wollen noch mehr Unternehmen dazu motivieren, aktive (Internship) Partner für Newcomer und Treiber für eine erfolgreiche Integration zu werden. Sie können den ReDI Studierenden durch Vollzeit- und Teilzeitpraktika einen ersten Einstieg ermöglichen und sie mit wertvollen Brancheneinblicken unterstützen. Wenn ihr also auf der Suche nach Newcomern mit IT-Talent seid, dann meldet euch gerne bei mir!

Liebe Sara-Lena, vielen Dank für das Interview und die spannenden Einblicke. Ich werde deinen und euren Weg sehr gespannt weiter verfolgen und würde mich freuen, wenn wir auch in Zukunft an eurer Erfolgsstory teilhaben können!

Folgt Sara-Lena gerne bei Twitter, Instagram oder LinkedIn.

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