6 Tipps, um die eigene Candidate Experience zu testen

Der Bewerbungsprozess ist für Kandidaten oft entmutigend. Bei ihrer Jobsuche stehen sie vor zahlreichen Herausforderungen, die eher frustrierend wirken und zu einer negativen Candidate Experience führen. Aber woher weiß ich als Recruiter, wie es um die Candidate Experience meines Unternehmens steht? Schließlich gehört das Thema Candidate Experience laut den ICR Recruiting Trends 2018 nach wie vor zu den Top Themen im Recruiting. Der Wunsch nach mehr Nutzerzentriertheit ist nicht neu. In diesem Loriot-Clip aus vergangenen Tagen beschwert sich niemand geringeres als Altkanzler Helmut Schmidt über (s)eine Personalabteilung (hier: Personalbrechnung) mit dem Vorwurf, dass sie sich nicht ausreichend in seine Lage versetzt und er dadurch nicht in der Lage ist, seine Gehaltsabrechnung zu verstehen. Ein Umstand, der vermutlich für viele Mitarbeiter bis heute anhält.

Also stellt sich die Frage: Wie versetze ich mich in die Lage meiner Bewerber und was macht eine ausgezeichnete Candidate Experience eigentlich aus?

Vergleichen wir diese zwei Beispiele:

overkill_berlin_bvg_sneaker

Beispiel 1:

Auf dem Foto oben sieht man Leute, die außerhalb des Overkill-Stores in Berlin Schlange stehen, um am Release-Tag ein Paar der begehrten und limitierten BVG-Adidas-Sneaker zu ergattern. Wie man sieht – kein leichtes Unterfangen! Aber diese Leute sind bereit zu warten. Sie alle hoffen auf ein ganz bestimmtes Nutzererlebnis (kurz: UX): Am Ende des Tages wollen sie die begehrten Sneaker in ihren Händen halten bzw. an ihren Füßen tragen.

Das zweite Foto zeigt ein „Erlebnis“, das wir alle gut kennen: die Warteschlange im Flughafen.

Warteschlange

Beispiel 2:

Dieses Nutzererlebnis ist so beliebt wie Zahnschmerzen. Man wird von Station zu Station geschickt. Die Linien sind unorganisiert und übermäßig kompliziert. Dadurch entsteht eine feindselige Stimmung, die für Reisende Stress pur bedeutet.

Eine bessere Candidate Experience zu erzeugen, bedeutet also nicht, den Prozess zu verdummen, um es einfacher zu machen. Als Verantwortlicher für den Recruitingprozess sollten Sie sich bewusst sein, wie Sie Kandidaten behandeln, wenn Sie mit ihnen im Bewerbungsprozess interagieren. Daher sollte ein regelmäßiger Test der Candidate Experience auf der Tagesordnung jedes Recruiters stehen, um die Candidate Experience aktiv in Richtung des Sneaker-Erlebnisses zu verlagern.

Das Ziel die eigene Candidate Experience zu testen sollte darin bestehen, den aktuellen Status zu ermitteln und zu messen, wie nahe der derzeitige Bewerbungsprozess dem oben beschriebenen Flughafenerlebnis ähnelt.

Hier kommen daher ultimative 6 Tipps, um die eigene Candidate Experience zu testen und an den Wünschen der Kandidaten auszurichten.

Tipp 1: Sich selbst (noch einmal) bewerben

Jetzt mal Hand auf’s Herz: Kennen Sie Ihren eigenen Bewerbungsprozess? Denn die eigene Bewerbung im Unternehmen liegt im Zweifel bereits Jahre zurück. Der wohl einfachste Weg seine eigene Candidate Experience zu testen, ist es, den gesamten Bewerbungsprozess aus der Perspektive von Kandidaten durchzuspielen. Das Beste ist: es kostet nichts!

Dabei sollten folgende Fragen zwingend beantwortet werden: Habe ich alle Informationen, die ich brauche, um mich zu bewerben? Finde ich meinen Ansprechpartner mit E-Mail-Adresse und Durchwahl? Ist der Weg von der Karriereseite über den Stellenmarkt und die Ausschreibung bis zur Bewerbung konsistent? Gibt es irgendwelche technischen Hürden, z.B. wenn ich ein anderes Endgerät verwende? Sind alle Seiten mobiloptimiert? Wird mir der Prozess durch XING- oder LinkedIn-Integrationen erleichtert? Bin ich gezwungen meinen kompletten Lebenslauf abzutippen?

Tipp 2: Persönliches Feedback von neuen Mitarbeitern

Ein sehr praktischer Tipp ist es, mit neuen Mitarbeitern über das abgelaufene Bewerbungsverfahren ins Gespräch zu kommen und bei Ihnen das Feedback zum Prozess einzuholen. Schließlich sind ihre Eindrücke noch sehr frisch. Alternativ sind Rückmeldungen bei internen Bewerbungen von bestehenden Mitarbeitern ebenfalls hilfreich, in der Hoffnung, dass man von Kolleginnen und Kollegen aus dem eigenen Unternehmen auf ein ehrliches Feedback hoffen kann. Außerdem eröffnet das die Möglichkeit die Candidate Experience bei internen Ausschreibungen zu verbessern.

Tipp 3: Recruiting Analytics

„You can’t manage, what you can’t measure“ – die alte Controlling-Weisheit gilt auch für das Recruiting. Welche KPIs haben eine Aussagekraft für die Candidate Experience und zeigen das größte Potenzial auf? Hier sind vermutlich alle Kennzahlen zu nennen, die sich auf die Dauer des Bewerbungsprozesses beziehen. Denn es aus Sicht der Kandidaten kann die Antwort des Recruiters nicht schnell genug kommen. Die wohl am meisten verbreitete Kennzahl ist die „Time-to-hire“ bzw. „Time-to-fill“, weil diese auch für das Unternehmen bzw. die Fachabteilung eine wichtige Größe ist, um festzustellen, wie lange es dauert um eine Vakanz zu besetzen. Darüber hinaus geben Service- oder Zufriedenheitsraten von Bewerbern oder Wiederbewerbungsquoten Aufschluss über den Zustand der Candidate Experience. Ein weiterer Indikator sind Abbrüche im Personalmarketing-Funnel, um ein differenziertes Bild davon zu bekommen, wann interessierte Kandidaten aussteigen.

Tipp 4: Heatmaps

Sie sind nicht so sehr für Zahlen zu begeistern? Kein Problem! Dafür gibt es ja Heatmaps. 😃🔥

Heatmap

Heatmaps haben ein riesiges Potenzial, um das Verhalten von Kandidaten zu analysieren und herauszufinden, was sie wirklich interessiert. So kann man mit wenigen Handgriffen visuell darstellen wie die Klicks und das Scroll-Verhalten auf der Karriereseite, dem Stellenmarkt oder den Stellenanzeigen aussehen. Ist so eine Heatmap einmal erstellt können anschließend Usability-Tests durchgeführt werden, indem man z.B. andere Bilder und (Stellen-) Titel ausprobiert , eine andere Menüführung wählt oder sogar überflüssigen Content weglässt. Wer noch mehr zum Einsatz von Heatmaps im Personalmarketing erfahren will, sollte unbedingt meinem Blog folgen, denn in den nächsten Wochen folgt ein ausführlicher Praxistest mit spannenden Insights.

Tipp 5: Social Media Listening

Was sagen Bewerber eigentlich über mich als Arbeitgeber in den sozialen Netzwerken und wie beurteilen Sie den Bewerbungsprozess bzw. ihre Candidate Experience? Das lässt sich mit Listening Tools ganz einfach herausfinden. Beim Social Media Listening geht es darum die digitale Mundpropaganda auf- und wahrzunehmen. Genauer gesagt geht es um das Finden und Tracken von Diskussionen rund um einen Arbeitgeber. Social Media Listening Tools sammeln alle Erwähnungen und Online-Unterhaltungen in sozialen Netzwerken, Foren, Blogs, Bewertungsportalen, etc. sowie Interaktionen wie Likes, Posts, (Re-)Tweets, Shares usw., die für meine Arbeitgebermarke relevant sind, und stellen diese zur Analyse bereit. Wie das ganze funktioniert habe ich bereits in einem vorherigen Beitrag zum Employer Brand Monitoring beschrieben.

Tipp 6: Blitzumfragen

Online-Umfragen sind eine sehr einfache und effektive Methode, um Bewerberfeedback zu erhalten. Dabei können sie in unterschiedlichen Phasen der Candidate Journey eingesetzt werden – beispielsweise nach dem Absenden der Bewerbung, nach Interviews oder nach Abschluss des gesamten Bewerbungsverfahrens. Wichtig ist, dass diese Art von Umfragen nicht zu einer Studie ausarten, sondern nur wenige Fragen beinhalten und die Beantwortung der Fragen nicht allzu lange dauert, damit die Rücklaufquoten entsprechend höher sind. Außerdem will ich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, die Umfragen DSGVO-konform zu gestalten.

Wer mehr über die Candidate Experience bei der Kindernothilfe erfahren möchte, hat in in den nächsten Tagen und Wochen die Chance weitere Insights von mir zu bekommen.

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